Abstract No.:
6890

 Scheduled at:
Thursday, September 16, 2021, Konferenzraum D/E 12:30 PM
Stahlbau - Hochleistungsverfahren II


 Title:
Diffusionsmessungen in UP-Mehrlagenschweißgut als effektives Tool gegen verzögerte Kaltrissbildung in Dickblechschweißungen

 Authors:
Michael Rhode / Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Abteilung 9 - Komponentensicherheit, Deutschland
Jonathan Nietzke* / Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Deutschland
Tobias Mente/ Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Deutschland
Thomas Kannengießer/ Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Deutschland

 Abstract:
Offshore-Windenergieanlagen bilden einen zentralen Bestandteil der zukünftigen Energieerzeugung. Hierzu notwendige Gründungs- und Turmstrukturen werden vorrangig aus UP-geschweißten Blechen aus hochfesten niedriglegierten Stählen mit Dicken bis zu 200 mm her-gestellt. Die hohen Blechdicken begünstigen hohe Schweißeigen-spannungen und lange Diffusionswege für z.B. über den Schweißzusatz eingebrachten Wasserstoff. Damit steigt das Risiko für eine wasserstoffunterstützte Kaltrissbildung (WKB) an. Zum sichereren Ausschluss von WKB in den geschweißten Komponenten wird eine Mindestwartezeit (MWT) von 48 h aufgrund empfohlen, bevor die zerstörungsfreie Prüfung durchgeführt wird. Es ist allerdings offen, ob die empfohlene MWT zu konservativ ist. Einflüsse sind hier bspw. die schwierige Bewertung des Wasserstoffdiffusionsverhaltens im heterogenen UP-Mehrlagen-Schweißgut (SG) im Vergleich zum Grundwerkstoff (GW). Zudem sind nur sehr begrenzt H-Diffusions-koeffizienten für UP-Mehrlagen-SG verfügbar als Grundlage für die Abschätzung des Zeitintervalls einer möglichen verzögerten Kaltrissbildung oder auch anstatt der MWT angewendeter Nachwärmprozeduren zur Wasserstoffreduktion. Verlässliche H-Diffusionskoeffizienten sind daher ein adäquates Tool zur Bewertung des Zeitintervalls einer verzögerten WKB.

Dieser Beitrag zeigt durchgeführte Untersuchungen zur Charakterisierung der Wasserstoffdiffusionsverhalten in UP-Mehrlagen-SG eines 60 mm dicken einer Offshore-Stahlgüte (3 bis 5-Draht-Schweißung). Dazu wurden reine Schweißgutproben mit unterschiedlichen Dicken extrahiert und über elektrochemische Permeation bei Umgebungstemperatur und Trägergasheißextraktion im Temperaturbereich bis 400°C sehr interessante Ergebnisse zu den korrespondierenden Diffusionskoeffizienten erarbeitet. Es zeigte sich, dass:

1. Diffusionskoeffizienten bei Umgebungstemperatur als Tool zur Bewertung einer MWT ge-eignet sind. Jedoch veränderte sich der Diffusionskoeffizient mit der untersuchten Proben-dicke um bis zu einer Größenordnung, d.h. daraus abgeleitete Wartezeiten differieren dem-entsprechend. Insgesamt sind Diffusionskoeffizienten bei Umgebungstemperatur im SG je-doch höher als aus der Literatur angenommen.

2. Dies deutet darauf hin, dass MWTs von 48 h einerseits möglicherweise zu konservativ gewählt sind, da der Wasserstoff schneller aus der Naht diffundiert. Andererseits muss aber auch die schnellere Diffusion in weitere potenziell risskritische Nahtbereiche, wie der WEZ, berücksichtigt werden. Daher ist noch keine direkte Aussage auf eine verallgemeinerte WKB-Anfälligkeit (ja/nein) innerhalb der MWT möglich.

3. Im Fall einer konservativen Prävention der WKB durch Wasserstoffarmglühen (Vermeidung der MWT) sind die Diffusionskoeffizienten bei erhöhten Temperaturen bis 400°C zur Ab-schätzung der notwendigen Haltezeiten geeignet, z.B. über die numerische Simulation der Wasserstoffdiffusion.


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